Das blaue Licht des Innenraums scheint abends irgendwie mystisch in der Dunkelheit. Ab und zu durchbricht das Geräusch des Lüfters, der anspringt, die Stille. Er muss exakt arbeiten, um Temperatur und Luftfeuchtigkeit zu regeln. Der zweite Thermometerfühler, der zur Sicherheit eng bei den Kalkschalen im Substrat liegt, zeigt an, dass alles in Ordnung ist. 27 Grad Celsius, 94% Luftfeuchte. Der 94. Tag neigt sich dem Ende.
Noch ist Ruhe. Ruhe bei den Schröten, die die letzten Tage in ihrer wohl mittlerweile engen Behausung verbringen. Und komischerweise Ruhe auch bei mir. Zum ersten Mal in all den Jahren, seit ich Pyxidea-Nachwuchs erwarte. Ist ein ungewohntes Gefühl. Als ob etwas fehlt. Die Nervosität, die sonst immer so ab dem 90. Tag stieg, ist nicht da. Ich laufe (noch?) nicht wie ein Tiger im Käfig hin und her und schaue zu oft, ob sich schon was tut. Im Moment werfe ich nur einen Blick, wenn der Weg sowieso kreuzt. Vielleicht kommt es ja noch, wenn das Wochenende naht. Schließlich kann es nicht mehr lange dauern, bis in einem der Eier ein Riss erscheinen muss.
Was auf alle Fälle da ist, ist die riesige Vorfreude. Und ein wenig ist es dann doch wie in den Jahren zuvor. Die Technik steht bereit, Kamera und Video sind bestückt und aufgeladen. Webcam ist anhand eines Papierdummys, der in der “Schlupfbox” als Ei-Ersatz liegt, ausgerichtet und einsatzbereit. Also auf diesem Gebiet alles “wie immer einmal im Jahr”. Mal schauen, wie lange die Ruhe und Stille bei mir – und bei den ersehnten Panzerträgern – noch anhält. Bei mir dann wahrscheinlich doch nur noch bis zum Wochenende.
Ines